Eine groß angelegte internationale Studie unter der Leitung von Forschern der UCL hat ergeben, dass die Kombination zweier Krebsmedikamente das Fortschreiten einer schweren und oft tödlichen Form von Prostatakrebs bei Männern mit bestimmten genetischen Mutationen erheblich verlangsamen könnte. Die in Nature Medicine veröffentlichte Phase-III-Studie AMPLITUDE untersuchte, ob die Zugabe von Niraparib, einer als PARP-Inhibitor1 bekannten zielgerichteten Krebstherapie, die Wirksamkeit der derzeitigen Standardbehandlung mit Abirateronacetat und Prednison (AAP) verbessern könnte.
Genetische Schwächen bei Prostatakrebs ins Visier nehmen
Die Studie konzentrierte sich auf Männer mit fortgeschrittenem Prostatakrebs, der sich auf andere Körperteile ausgebreitet hatte und die zum ersten Mal eine Behandlung begannen. Alle Teilnehmer wiesen Mutationen in Genen auf, die an der homologen Rekombinationsreparatur (HRR) beteiligt sind, einem wichtigen System, das bei der Reparatur beschädigter DNA hilft.
Wenn diese DNA-Reparaturgene nicht richtig funktionieren, können sich Krebszellen schneller vermehren und ausbreiten. Etwa jeder vierte Mann mit fortgeschrittenem Prostatakrebs in diesem Stadium weist Mutationen in HRR-bezogenen Genen auf, darunter BRCA1, BRCA2, CHEK2 und PALB2.
Wie die Studie durchgeführt wurde
Derzeit ist die Standardbehandlung für fortgeschrittenen Prostatakrebs AAP (oder ähnliche Medikamente). Etwa jeder fünfte Patient erhält zusätzlich eine Chemotherapie mit Docetaxel. Patienten mit HRR-Genmutationen erleben jedoch in der Regel ein schnelleres Fortschreiten der Erkrankung und eine kürzere Überlebenszeit unter der Standardbehandlung.
An der AMPLITUDE-Studie unter der Leitung von Professor Gerhardt Attard vom UCL Cancer Institute nahmen 696 Männer aus 32 Ländern mit einem Durchschnittsalter von 68 Jahren teil. Die Hälfte erhielt die Kombination aus Niraparib und AAP, während die andere Hälfte die Standard-AAP-Behandlung mit einem Placebo erhielt. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer (55,6 %) wiesen Mutationen in BRCA1 oder BRCA2 auf. Die Studie war doppelblind, d. h. weder die Patienten noch ihre Ärzte wussten, wer die aktive Behandlung erhielt.
Wichtige Ergebnisse der AMPLITUDE-Studie
Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von etwas mehr als zweieinhalb Jahren (30,8 Monate) stellten die Forscher bemerkenswerte Vorteile der Wirkstoffkombination fest:
- Geringeres Progressionsrisiko: Niraparib senkte das Risiko für Krebswachstum bei allen Teilnehmern um 37 % und bei denjenigen mit BRCA1- oder BRCA2-Mutationen um 48 %.
- Langsameres Fortschreiten der Symptome: Die Zeit bis zum Fortschreiten der Symptome war bei denjenigen, die Niraparib erhielten, etwa doppelt so lang. Nur 16 % dieser Patienten zeigten ein signifikantes Fortschreiten der Symptome, verglichen mit 34 % in der Placebo-Gruppe.
- Möglicher Überlebensvorteil: In der Niraparib-Gruppe zeigte sich ein Trend zu einer verbesserten Gesamtüberlebensrate, allerdings ist eine längere Nachbeobachtungszeit erforderlich, um zu bestätigen, ob sich die Lebenserwartung verlängert.
Expertenmeinung
Professor Attard sagte: „Obwohl die derzeitigen Standardbehandlungen für die Mehrheit der Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs sehr wirksam sind, hat ein kleiner, aber sehr bedeutender Anteil der Patienten nur einen begrenzten Nutzen davon. Wir wissen heute, dass Prostatakrebs mit Veränderungen in den HRR-Genen eine bedeutende Gruppe von Patienten ausmacht, bei denen die Krankheit schnell wieder auftritt und einen aggressiven Verlauf nimmt. Durch die Kombination mit Niraparib können wir das Wiederauftreten des Krebses verzögern und hoffentlich die Lebenserwartung deutlich verlängern. Diese Ergebnisse sind bemerkenswert, da sie eine umfassende Genomuntersuchung bei der Diagnose und den Einsatz einer gezielten Behandlung für Patienten unterstützen, die den größten Nutzen daraus ziehen können.
Bei Krebserkrankungen mit einer Mutation in einem der in Frage kommenden HRR-Gene, für die Niraparib zugelassen ist, sollte ein Arzt eine Abwägung zwischen den Risiken von Nebenwirkungen und dem klaren Nutzen einer Verzögerung des Krankheitswachstums und einer Verschlechterung der Symptome in Betracht ziehen.“
Nebenwirkungen und Sicherheit
Die Behandlung wurde im Allgemeinen gut vertragen, jedoch traten in der Niraparib-Gruppe häufiger Nebenwirkungen auf. Bei Niraparib wurden signifikant mehr Fälle von Anämie und Bluthochdruck gemeldet, und 25 % der Patienten benötigten Bluttransfusionen. Auch die behandlungsbedingten Todesfälle waren in der Niraparib-Gruppe höher (14 gegenüber 7), obwohl die Gesamtabbrecherquote niedrig blieb.
Die Autoren der Studie merken an, dass die Ergebnisse zwar vielversprechend sind, jedoch weitere Untersuchungen erforderlich sind, um die langfristigen Überlebensvorteile zu bestätigen und die Auswirkungen neuerer Bildgebungsverfahren und umfassenderer Gentests zu untersuchen.
Weltweit wird jedes Jahr bei schätzungsweise 1,5 Millionen Männern Prostatakrebs diagnostiziert. In Großbritannien ist Prostatakrebs die häufigste Krebsart bei Männern, mit mehr als 56.000 diagnostizierten Fällen pro Jahr und etwa 12.000 Männern, die jährlich an dieser Krankheit sterben.