Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Einstellung älterer Menschen zum eigenen Altern und ihrer körperlichen Genesung nach einem Sturz. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Imperial College London und der Coventry University, die erstmals auf die Bedeutung psychologischer Faktoren für die körperliche Genesung nach einem Sturz hinweist. Die Studie wurde im Journal of the American Geriatrics Society veröffentlicht.
Eine positive Einstellung zum Älterwerden bringt seltener körperliche Probleme nach einem Sturz mit sich
Stürze bei älteren Menschen sind ein großes Gesundheitsproblem, da sie zu schweren körperlichen Behinderungen und Krankenhausaufenthalten führen und die Selbstständigkeit der Betroffenen beeinträchtigen können. Stürze bei älteren Personen sind u.a. mit hohen Kosten verbunden. Allerdings kommt es nicht bei allen älteren Menschen, die stürzen, zu körperlichen Einschränkungen. Daher ist es für die Entwicklung von Therapien und Maßnahmen von entscheidender Bedeutung, zu verstehen, warum sich manche Menschen besser erholen als andere. In der Studie fanden die Forscher heraus, dass Personen, die zu Beginn der Studie eine positivere Einstellung zum Altern hatten – beispielsweise jene, die angaben, dass das Alter sie nicht daran hindere, das zu tun, was sie im Leben tun wollten –, nach einem Sturz deutlich seltener körperliche Probleme hatten oder Hilfe bei alltäglichen Verrichtungen benötigten.
Die Studie umfasste Längsschnittdaten von fast 700 älteren Erwachsenen im Alter von 60 bis 90 Jahren aus ganz England, die in den Vorjahren keine Stürze erlitten hatten. Die Daten umfassten Antworten auf Fragebögen, mit denen die Einstellung und Überzeugungen zum Thema Altern gemessen wurden. Anschließend untersuchten die Forscher die Mitglieder dieser Gruppe, die im folgenden Jahr einen Sturz erlitten hatten, um Zusammenhänge zwischen ihrer anschließenden Genesung nach dem Sturz und ihrer anfänglichen Einstellung und Überzeugungen zum Thema Altern zu erforschen. Dazu gehörten Messungen der Gehgeschwindigkeit nach dem Sturz, der Bedarf an Unterstützung bei alltäglichen Aktivitäten und der Grad der körperlichen Inaktivität der Person nach dem Sturz. Diejenigen, die ursprünglich eine „positivere“ Einstellung zum Altern hatten – beispielsweise die Überzeugung, dass das Älterwerden sie nicht daran hindert, das zu tun, was sie möchten – erholten sich in den Monaten nach einem Sturz körperlich deutlich besser.
Die Ergebnisse waren unabhängig von anderen wichtigen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Depressionen und der körperlichen Funktionsfähigkeit vor dem Sturz. Die Ergebnisse berücksichtigten auch, ob der Sturz zu körperlichen Verletzungen geführt hatte oder nicht. Daher sagen die Forscher, dass die Ergebnisse nicht einfach darauf zurückgeführt werden können, dass ältere Menschen mit einer „positiven“ Einstellung jünger, fitter, weniger depressiv oder im Allgemeinen weniger verletzungsanfällig sind. Die Forscher fanden heraus, dass Personen, die bei den Messungen zur „Selbstwahrnehmung des Alterns“ die höchstmögliche Punktzahl erzielten – also die positivste Einstellung hatten –, im Vergleich zu Personen mit der niedrigstmöglichen Punktzahl eine um 162% geringere Wahrscheinlichkeit für eine verlangsamte Gehgeschwindigkeit, eine um 200% geringere Wahrscheinlichkeit für die Abhängigkeit von anderen bei der Verrichtung alltäglicher Aktivitäten, und eine um 123% geringere Wahrscheinlichkeit für körperliche Inaktivität nach einem Sturz aufwiesen.
Verbesserung der Genesung und des Wohlbefindens
Dr. Toby Ellmers vom Imperial College London, Abteilung für Gehirnwissenschaften, der die Studie mitgeleitet hat, sagte: „Diejenigen, die positivere Gefühle gegenüber ihrem eigenen Altern äußerten, schienen vor schwerwiegenderen körperlichen Folgen nach einem Sturz geschützt zu sein. Es gab erhebliche Unterschiede in der Geschwindigkeit der körperlichen Genesung bei den von uns untersuchten Personen, und dies schien mit ihrer ursprünglichen Einstellung zum Älterwerden zusammenzuhängen.“ Der Co-Leiter Dr. Mathew Hill vom Forschungszentrum für körperliche Aktivität, Sport und Bewegungswissenschaften der Coventry University meinte: „Obwohl wir aus früheren Untersuchungen wussten, dass negative Einstellungen und Überzeugungen zum Älterwerden mit einem erhöhten Risiko für negative Gesundheitsfolgen wie Schlaganfall und Mortalität verbunden sind, ist dies die erste Studie, die diese speziell mit der körperlichen Erholung nach einem Sturz in Verbindung bringt.“
Diese Ergebnisse deuten laut den Experten darauf hin, dass eine Veränderung der Art und Weise, wie manche ältere Menschen ihren Alterungsprozess sehen, eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Genesung und des Wohlbefindens spielen könnte. Die Autoren weisen darauf hin, dass die vorliegende Studie die Schwere der verschiedenen Stürze (außer bei Verletzungen) nicht berücksichtigt hat und keine endgültigen Rückschlüsse auf die Kausalität zulässt. In einem nächsten Schritt möchten die Forscher untersuchen, ob die Auseinandersetzung mit negativen Vorstellungen über das Altern dazu beitragen kann, körperliche Einschränkungen nach einem Sturz zu verhindern.